Sie sind HIER:  AKTUELLES >> Archiv >> Archiv 2008

Café Strich-Punkt vs. Kölner Dom

Gäste und Betreuer des Café Strich-Punkt – der Stuttgarter Anlaufstelle für männliche Prostituierte – fuhren vom 26. bis zum 28. Juni 2008 nach Köln, um das dortige Stricherprojekt LOOKS zu besuchen und die Stadt unsicher zu machen… Ein Erlebnisbericht von Katarina Rohfleisch, damals Praktikantin bei der AIDS-Hilfe Stuttgart e.V.(AHS).

Schon zu Beginn meines Praktikums im April 2008 erfuhr ich von der Planung einer Köln-Freizeit mit dem Café Strich-Punkt. Dieses Café, eine Kooperation zwischen dem Verein zur Förderung von Jugendlichen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten e.V. und der AHS, ist eine Anlaufstelle für männliche Prostituierte. Da der Verantwortliche seitens der AHS, Nils Ullrich, mein Anleiter war, arbeitete ich von Anfang an regelmäßig im Café Strich-Punkt mit und hatte die „Jungs“ auch bald ganz gut kennen gelernt. So war es für mich keine Frage, als man es mir anbot, mit nach Köln zu fahren.

Durch die finanzielle Hilfe einiger Unterstützer, denen an dieser Stelle noch einmal ein herzliches Dankeschön gebührt, konnten sechs Klienten an der Fahrt teilnehmen. Außerdem fuhren Nils Ullrich, Michael Weiße vom Verein zur Förderung von Jugendlichen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten e.V., die ehrenamtliche Mitarbeiterin Wiltrud Walther und ich als Betreuer mit.

Die kleine Gruppe traf sich am „frühen“ Morgen des 26. Juni 2008 am Stuttgarter Hauptbahnhof. Wir hatten so unsere Zweifel, ob es wirklich alle Teilnehmer um 9.00 Uhr aus dem Bett schaffen würden – aber zu unserer Freude erschienen alle. Jedoch nicht alle aus dem Bett… der ein oder andere hatte die Nacht durchgemacht und sein Gepäck nur noch aus dem Schließfach geholt, das er dort schon am Abend vorher platziert hatte.

Durch die so fast allgemeine Müdigkeit verlief die Zugfahrt sehr ruhig, wobei unsere Gruppe aber durch das besondere Aussehen und Verhalten der Teilnehmer überall Aufmerksamkeit erregte. Dieses Aussehen bescherte uns in der Jugendherberge gleich mal ein Problem. Einer der Teilnehmer sollte sein freizügiges Oberteil durch ein dezenteres ersetzen und auch sein Stachelhalsband wurde dort sehr ungern gesehen. Wir fügten uns…

Nach einer kurzen Verschnaufpause machten wir uns zum „Hauptziel“ unserer Reise auf: LOOKS, die Kölner Variante des Café Strich-Punkts. Die dortigen Mitarbeiter und Klienten begrüßten uns herzlich mit einem leckeren Abendessen und zeigten uns die Anlaufstelle. Nach anfänglicher Zurückhaltung entstanden schnell Gespräche zwischen den Jungs, Fotos wurden angeschaut und Handynummern ausgetauscht.

Den Abend verbrachten wir Betreuer in einigen Szene-Lokalen. Die Kölner Kollegen hatten nämlich ihren Streetwork-Einsatz und so begleiteten wir sie durch die Bars. Dabei wurden wir überall sehr freundlich und interessiert empfangen. Man traf auch einige „Jungs“, die man vorher in der Anlaufstelle gesehen hatte. Nur „unsere“ Jungs bekamen wir nicht mehr zu Gesicht; sie „cruisten“ wohl lieber selbstständig durch die Stadt und deren Parkanlagen.

Am nächsten Morgen machten wir uns gleich nach dem Frühstück zu einer kleinen Stadtbesichtigung auf. Dabei hätte unsere Gruppe wohl sehr viel Geld verdienen können, wenn wir uns für jedes Foto hätten bezahlen lassen. Vor allem unser „Freizügiger“ zog mit seinem auffälligen Kopftattoo alle Blicke auf sich und stellte damit den Kölner Dom in den Schatten. Dort wurde er für einige passierende Jugendliche zur Hauptattraktion und „poste“ fleißig an sämtlichen Pfeilern. Der Trupp vom Café Strich-Punkt lag hier eindeutig besser im Rennen als der berühmte Dom.

Außerdem machten wir einen kleinen Abstecher zur Beratungs- und Geschäftstelle der AIDS-Hilfe Köln e.V. Mit über 30 Mitarbeitern bzw. Mitarbeiterinnen auf mehreren Stockwerken ist die dortige AIDS-Hilfe um einiges größer als die AHS. Im Erdgeschoss befindet sich sogar ein eigenes Café, das „Café Regenbogen“, das von Mitarbeitern der AIDS-Hilfe Köln e.V. vorzüglich bewirtet wird.

Der Samstagvormittag stand allen Freizeit-Teilnehmern zur freien Verfügung. Wir Betreuer statteten LOOKS noch einen kleinen Besuch ab und gegen Mittag traf sich die Gruppe noch einmal in der Jugendherberge, um gemeinsam zum Hauptbahnhof zu fahren. Auch hier fehlte keiner „unserer Jungs“ – es hätte uns allerdings nicht gewundert, wenn einer spontan seinen Lebensmittelpunkt nach Köln verlegt hätte!

Mehr zum Café Strich-Punkt.